Am Freitag erhielt ich abends einen Anruf von Dr. Claude. Er meinte, es wäre wieder ein guter Abend, um gemeinsam mit anderen Erdinger Hobbyastronomen im Stadtzentrum, dem sogenannten Schrannenplatz, unsere Gerätschaften aufzubauen und so für alle Passanten einen Blick ins All zu ermöglichen.
Gesagt, getan. Ich entschied mich, meinen neu erworbenen 10″ Dobson „Galileo“ zu verwenden, da er mittlerweile das einzige mobile Gerät ist, das ich im Einsatz habe. Es war zwar schon 22 Uhr als ich alles einpackte, aber dennoch zeigte das Thermometer stolze 25°C. Also den Tubus, die Rockerbox, geeignete Okulare und diverses Kleinzeugs eigeladen. Das ging doch recht flott.
Vor Ort angekommen waren meine Kollegen schon fleissig im Einsatz. Mein Mentor Uwe half mir beim schleppen, und schon ging’s los.
Ziel der Erding Sidewalk Astronomers ist es, jedem Passanten „auf dem Bürgersteig“ die Möglichkeit zu geben, einen Blick auf Mond, Planeten oder andere Objekte zu werfen. Dies wird von uns mehrfach im Jahr sporadisch praktiziert. Ach ja, dadurch kam übrigens auch ich (wieder) zur Astronomie. Nachzulesen unter diesem Artikel. Das positive daran: man kann durch unterschiedliche Geräte schauen, die auf unterschiedliche Ziele gerichtet sind und bekommt direkt Informationen zu den jeweiligen Objekten aus erster Hand.
Wir hatten wieder viele Neugierige und Interessierte, die zum ersten mal einen Blick durch ein Teleskop wagten. Dabei zeigten wir den Saturn, Albireo, M57 (den Ringnebel), den Mond, und sogar Astrofotografie in der Praxis. Erstaunlich war das bunte internationale Publikum. Ich zählte mindestens fünf verschiedene Sprachen. Auch der Altersunterschied war gewaltig. Alleine an meinem Teleskop reichte er von 3 bis über… weit drüber. Ein Gentleman weiss, was er schreiben darf und was nicht. Sagen wir, es waren auch Damen mit etwas ausgeprägterer Lebenserfahrung dabei. Warum ich nur von der holden Damenwelt schreibe? Ganz einfach! Bei mir waren etwa 2/3 der Interessierten weiblich. Die Herren der Schöpfung liessen meist erst ihre bessere Hälfte durchschauen, bevor sie selber einen Blick wagten. Allen war aber der gleiche Gesichtsausdruck gegeben: Faszination, Unglaube, Begeisterung.
Über eine Begebenheit möchte ich hier noch berichten. Ein junger Bursch mit coolem Outfit und Baseballcap lief aufgeregt von Teleskop zu Teleskop, erblickte unterschiedliche Objekte, stellte fachlich versierte Fragen. Als ich mit einem Intersessierten über schwarze Löcher diskutierte, blieb er bei mir stehen und lauschte angestrengt. Er stellte eine Frage, wie man schwarze Löcher am besten sehen könnte. ich stieg auf die dann lebhafte Diskussion mit ihm ein. Schon nach kurzer Zeit bildete sich ein Ring von Menschen um uns, die uns mit „Mundwinkeln nach oben“ und grossen Augen folgten. Naaa wart Bursch, jetzt will ichs wissen. „Wie alt bist Du?“ „Fast 12!“ „okeee, na dann geh mal her!“
Ich fragte ihn, ob er denn jemals ein Teleskop bedient hatte. Die Antwort war ein klares nein. Ob er das denn mal machen wolle, fragte ich ihn. Panik! Grosse Augen! „Nein, lieber nicht“. „Doch“ sagte ich, „lieber schon!“. Ich erklärte ihm die Handhabung eines Dobsons, wie er das Teleskop bewegt, dreht, senkt und hebt, und wie er den Rigel Sucher bedient. Seine Aufgabe lautete, Vega genau ins Okular zu bekommen. Er machte, schwitzte, Rigelsucher, Blick durchs Teleskop, dreh, senk, heb, Rigelsucher… das sah sehr gekonnt aus. Nach kurzer Zeit hatte er es geschafft und mit seinen 11 Jahren das Teleskop bedient, die Aufgabe erfolgreich gelöst und das Strahlen seiner Augen und des stolzen Papas, der Mama und der Schwester entschädigten mich für das halbe Jahr schlechten Wetters im Winter.
So ist das bei den Erding Sidewalk Astronomers: jeder entdeckt das Kind in sich, ist begeistert und ist sich plötzlich ganz neuer Talente bewusst.
Ach ja, leider habe ich den kleinen nicht nach seinem Namen gefragt. Aber wenn jemand ihn erkennt oder er sich selber auf den Bildern wiedersieht: melde Dich bitte, Du bekommst noch ein Geschenk von mir!
Hier der Link der Erding Sidewalk Astronomers: ESA
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In diesem Sinne: einen klaren Himmel weiterhin und bis zum nächsten mal auf dem Schrannenplatz in Erding!