Nebelflucht ins Voralpenland

Frust! Narv! Seit Wochen hält uns der herbstliche Nebel in seinen grauen Klauen. Ein Blick auf die Wettervorhersage auf meiner Homepage verhiess auch für diesen Neumond Freitag Abend nichts Gutes. Von Ingolstadt bis München eine Wolkendecke. Aberaberaber es ist doch Neumooond und endlich kalt da draußen!

Was macht man also, nachdem man eh schon seit sechs Uhr morgens unterwegs ist? Richtig. Man packt sein ganzes Gerödel in den CR-V, sorgt für warme Kleidung, packt sogar die weltberühmte Müsse (Insider) ein, die neuen Softshell Jack Wolfskin Handschuhe, mit denen man in den Griffeln ein gutes Gefühl hat, die dicke Daunenjacke, macht sich eine Thermoskanne voll Kaffee, Chips und ne Tafel Schokolade noch dazu, eine Flasche Wasser, Notebook, Stativ, Montierung, beide Kameras, Tisch, Klappstuhl, Stromversorgung, Zubehörkoffer, Teleskop, zwei Lampen, Gegengewichte und zwei Schachteln Luckies nebst Feuerzeugen und begibt sich zum erstaunen und begleitet von massivem Protest der Belegschaft („bei dem Wetter kannst auch nur du noch das Haus verlassen!“) bei 30m Sichtweite die Behausung (A)

Die Tour d' Nebel

Das Ziel? Egal, Richtung Süden. So fuhr ich um 21:45 Uhr los. Erste Richtung Dorfen. ca. 20km. Kurz hinter Dorfen riss die Waschküche auf. (B) Ohne WItz, auf einmal alles frei und direkt vor mir stand Orion. Jubel! Das kann ja was werden. Aber bevor der Nebel mich einholte, wollte ich einen Vorsprung von mindestens 10 gefahrenen Minuten haben. Sicher ist sicher. Also gings weiter Richtung Rosenheim. Ja zefix, schon nach 5km wieder derber Nebel, egal. Weiter! Ich fuhr und fuhr… Nebel und nochmals Nebel. Kurz vor Rosenheim (C) schaute ich mal aufs Navi. Mein Gott, ich Dödel. Kein Wunder dass ich Nebel habe, fuhr ich doch seit einer halben Stunde immer schön brav den Inn entlang. Also was nun? Weiter, es ist ja erst 23:15 Uhr, die Nacht noch jung (gäääähn). Sitzheizung an, Lieblingsmukke eingelegt, jaaa so gehts besser.
Ich erinnerte mich an Astrokollegen, daß ein gewisser „Taubenberg“ zwischen  Holzkirchen und Tegernsee ein guter Fleck sein sollte. Schön ruhig und duuuunkel. Also Navi, wohlan, geleite den Reisenden sicheren Fußes nach dorten. Schon 10km hinter Rosenheim riss es wieder auf, herrlich! Und schon 20 Minuten später war ich in der Gegend. Aber moment, ja, hier siehts gut aus, da bleib ich. Den Honda abgestellt und gepeilt. Das Scheinwerferlicht blendete schlafende Kühe, weshalb ich mich entschloss die Muhkuhs pennen zu lassen und fuhr 300m weiter. Mitternacht. Ich stell das Auto ab und geh raus (D). Ich konnte meinen Augen nicht glauben, so einen Himmel hatte ich noch nie gesehen! Die Plejaden so schön, daß man sie runterpflücken konnte. Ein Sternenmeer, die Milchstrasse glasklar und hell. Jupiter strahlte als gäbe es kein morgen, ein perfekter Blick in alle Richtungen und im Hintergrund meine geliebten Berge. Hach, jetzt kanns losgehen.

Caesare und der Orion

Der Aufbau verlief reibungslos, die Laune konnte nicht besser sein. Summend stellte ich alles ein. So, und jetzt noch schön scharf einstell… verdammt! Ich hatte die Bahtinov Maske Zuhause vergessen. Ärgerlich, aber dann muss es eben so gehen. Jetzt noch das Autoguiding. PHD heißt die verwendete Software… ein brilliantes Bild. Und jetzt guide. Guide! Luja, guide sage ich! Nix. Mein neues Notebook wollte den Autoguide Modus nicht aktivieren trotz perfekter Einstellungen. Egal, nicht aufhalten, dann muß eben ein Objekt her, das keinen so großen Anspruch aufs Autoguiden aufgrund kurzer Belichtungszeiten hat. M42 – der Orionnebel. Mit dem hatte ich eh noch eine Rechnung offen.

Durch meinen lieben Freund Frank ermutigt fasste ich mir ein Herz und griff an. „Erinnern Du Dich musst. 400er ISO und 10, 20, 30 und 60 Sekunden Du nur brauchst mein junger Jedi!“ hallten mir seine Worte nach. Ich sah ihn als Geist á la Star Wars neben mir und musste grinsen. Danke Frank, dann wollen wir mal. Heraus kam das folgende Bild:

M42 - Der Orionnebel

Mittlerweile war es schon 02:30 Uhr morgens. Ein Auto fuhr heran. „Was machen’s denn da?“ wollte eine Frau am Steuer wissen, sie war von ihrem Mann begleitet. „Wer will das wissen?“ entgegnete ich selbstbewußt. „Die, auf deren Grund sie grad steh’n, wissen’s?“ Hussa! Touché! Und schon hatte mich die Lady mental auf den Knien. *schluck* „Schaun’s mal da links rauf. Des is des Sternbild Orion, und genau den fotografier ich.“ „Ja aber warum denn hier?“ „Na weil ich von seeehr weit gereist komme und dem heimischen Nebel entrinnen wollte. Meine Reise dauert schon 100 Meilen, doch erst hier an diesem schönen Flecken Erde hielt ich sie für beendet.“ Und woher kommen’s denn?“ „Aus Erding brach ich auf. Vor vielen Monden…“ „Ach soooo, mei dann lassen’s ihnen nicht länger stören. Mir san bloss a bisserl vorsichtig bei dem Gschwerl des sich nachts da bei uns umanandertreibt (umhertreibt, Anm.d.Red.). De Hammeln hinterlassen sogar Matrazen auf derer Wies’n“. „Keine Angst, oh wackere schlaflose Maid, dafür ist’s mir zu kühl!“ Wir lachten und verabschiedeten uns. Eine sehr nette Dame. Ihr Beifahrer sagte nix und versuchte mit großen Augen, offenem Mund und schnellen Kopfbewegungen dem Gespräch zu folgen. Grins.

Ich packte fröhlich alles wieder ein, 3 Uhr sollte auch genug sein. Einmal noch tief durchatmen und die wundervolle Himmelskulisse geniessen. Dann ab Richtung Holzkirchen. 10km war ich gefahren. Wolken? Mwwwahahahahaha! Äääätsch!!! Die Laune stieg ins unermessliche. nach weiteren 20km schaltete sich der Scheibenwischer ein. Was zum… es regnete! Hallooohoooo! Ich komm grad aus der perfekten Nacht und jetzt schüttets? Naja, gut für die Natur dachte ich mir. Sie hats schliesslich nötig bei der Trockenheit.

Um 3:45 Uhr kam ich Zuhause an. Ich konnte nicht müder und glücklicher sein. Schnell die ersten Aufnahmen überprüft… strrrrike! Passt. Danach todmüde ins Bett.

Ich sah nochmal aus dem Fenster und grinste den Nebel breit an. „Du nicht. Du wirklich nicht!“ kommentierte ich ihn und verkroch mich in die wärmenden Federn.

 

Danke Frank, deine wertvollen Tips waren wieder mal goldrichtig und trafen genau ins schwarze!