Sternwarte 2.0 oder: „pack mer’s wieder!“
Sternwarte 2.0 oder: pack mer’s wieder!
Ruhig ist es hier geworden. Seit Jahren offenbar kein Lebenszeichen mehr von mir. Da stellt sich die Frage, ob ich überhaupt noch in der Astronomie tätig bin.
Oh ja, das bin ich. Es haben sich in den letzten Jahren ein paar Veränderungen ergeben. Teils berufliche Herausforderungen, teils auch das Leben selber mit seinem berühmten „Circle of Life“. Dann war da noch ein neues Hobby, der Amateurfunk, welcher mich von 2015 bis 2020 doch sehr fasziniert hat. Über den Amateurfunk habe ich wunderbare Menschen kennengelernt. Unser sehr erfolgreicher Ortsverband C25 Erding hat schon ein paar sehr einzigartige und tolle Gesellen, die teilweise auch astronomisch unterwegs sind. Mit ein paar interessierten haben wir uns häufig über unsere WhatsApp Gruppe ausgetauscht.
Ich habe also in den letzten Jahren eher sporadisch die Sternwarte genutzt. Eher zum Spechteln, also visuellen Beobachtung. Dach auf, Objekte angeschaut, Dach zu. Meist war das eine Sache von 30 Minuten. Doch das sollte sich dramatisch im August letzten Jahres (2022) ändern.
Was war denn da so außergewöhnliches fragt sich der geneigte Leser. Nun, da wurden die ersten Bilder des JWST (oder auch James-Webb-Space-Telescope) veröffentlicht. Wer erinnert sich nicht an diese ersten Bilder? Da klappte einem die Kinnlade runter. Das soll jetzt das Maß aller Dinge sein? Ja Pfiati-God! Aber moment mal. Wenn DAS jetzt die höchste Messlatte ist – wie siehts dann in der Amateur Astronomie Szene aus?
Ich ging also in die Sternwarte und nahm mir bewusst einige Zeit, um sie auf mich wirken zu lassen. An die wundervollen Momente, die ich hier erlebt hatte. An laue Sommerabende oder eiskalte Januar Nächte, die ich hier verbracht hatte. An den Aufwand bei der Planung und dem Bau der Sternwarte. Ich hatte zwei Möglichkeiten.
Erstens: lass es so, wie es ist. Nimm es her, wann du willst, „verbrauche“ sie einfach ohne weitere Investitionen.
Zweitens: du hast den unglaublichen Luxus einer Sternwarte Mann! Wie bei allem, was einem lieb und teuer ist, muss man ab und zu mal investieren (sei es Zeit oder/und Geld), um die Liebe wieder neu zu entfachen. Oft lodert das Feuer heisser und heller als zuvor.
Also entschied ich mich, mit dem JWST Virus infiziert, für Möglichkeit zwei.
Doch was bedeutet dies konkret? Ich stelle alles auf den Prüfstand und hinterfragte jedes Teil, jede Schraube, jeden Prozessschritt und selbst die Machart dieser Homepage. Daraus entstand der folgende Aktionsplan.
Wo muss ich anpacken?
- Reduzierung aufs Wesentliche (KISS Prinzip – „Keep it simple and stupid“)
- Neue Optiken, Kamera und Zubehör
- Neue Holzverkleidung für die Sternwarte
- Neue Software und neuer Workflow
- Überarbeitung der Homepage.
Da hatte ich mir ja einiges vorgenommen. Doch wann wollte ich dieses Projekt Sternwarte 2.0 abgeschlossen haben? Ich habe mir exakt ein Jahr gegeben. Und wirklich auf den letzten Drücker am 31.08.2023, also gestern Abend, wurde ich mit dem 5. Teil fertig. Mission erfolgreich.
Aber was waren denn nun im einzelnen die durchgeführten Schritte bei den fünf Punkten?
Also der Reihe nach.
1. Reduzierung aufs Wesentliche
Alles, was überflüssig war, wurde entfernt. Nur selten genutztes Zubehör eingelagert bzw. verkauft. Alle Kabel wurden entfernt, neu aufgebaut, sauber in Gruppen organisiert (Stichwort Kabelmanagement). Ein aktiver USB Hub unter die Montierung installiert, zur schöneren Optik designte meine Tochter eine runde Abdeckung, welche ich per 3D Druck erschuf und installierte.
2. Neue Optiken, Kamera und Zubehör
Mein lieber Orion ED80 (Dante) erwies mir immer gute Dienste. Ob als Guiding Optik oder als Hauptoptik – auf ihn war verlass. Ich brauchte aber für meine Pläne ein Teleskop mit einer Brennweite von maximal 500mm und einer großen Öffnung, um innerhalb kurzer Belichtungszeit möglichst viele Photonen einzufangen. Es standen dabei diverse Modelle zur Auswahl. Meine geliebten Takahashis, William Optics oder ein neuer chinesischer Hersteller namens Askar. Ich habe so meine Ressentiments was chinesische Produkte betrifft. Als ich vor mehr als 10 Jahren mit der Astronomie anfing, gab es nur einige wenige Hersteller wie Skywatcher, die erschwingliche Produkte anboten. Die Qualität überzeugte dabei selten. Das hat sich aber inzwischen deutlich gebessert. So machte dann der Askar das Rennen, aus unterschiedlichsten Gründen. Da war zum Einen die Spezifikation, also Brennweite und Öffnung, die das Teleskop perfekt erfüllt. Dann braucht es auch keinen Korrektor. Es bildet bis in die Ecken Sterne punktförmig ab. Es hat auch keinen definierten Backfokus, also den Abstand zwischen Kamera und Teleskop. Er kommt immer in den Fokus. Dann der bereits verbaute Rotator, der ein Drehen der Kameraorientierung erlaubt, um das gewünschte Objekt leicht so zu positionieren, wie man es braucht. Eine sehr gute Bearbeitungsqualität und zum Rest passendes äußeres Erscheinungsbild rundeten meine Entscheidung ab. Und von allen verglichenen Teleskopen hatte er auch noch den niedrigsten Preis. Und so fiel meine Wahl als zweite Hauptoptik auf den Askar 500, Spitzname Herschel. Nach zwei Aufnahmen, welche Du unten sehen kannst, fühle ich mich in meiner Wahl bestätigt. Dieser Refraktor tut das was er soll. Und zwar sehr, sehr gut.
Herschel guidet also mit seinen 500mm Brennweite Galileo mit 1.000mm. Aber wie soll Herschel nun nachgeführt werden? Ich entschied mich für William Optics‘ Uniguide 50, welches als Nachführkamera eine ZWO ASI290mini erhielt – eine Traumkombination.
Dann das Thema Kamera. Meine alte ALCCD8L war nach sieben Jahren Betrieb bereits in die Jahre gekommen. Die Auflösung war nicht mehr zeitgemäß. Außerdem hatte sie schon die eine oder andere Marotte, die ich ihr nicht austreiben konnte. Also war es Zeit, sich in das Thema wieder einzuarbeiten. Es hatte sich in den vergangenen Jahren ein Quantensprung in der Kameratechnik vollzogen, der seines gleichen sucht. Man kommt zum derzeitigen Stand eigentlich gar nicht um gekühlte Astrokameras mit Sonys IMX5714 Chip herum. Der besticht durch eine sehr große Auflösung von 6.248 x 4.176 Pixel und einem fast nicht mehr vorhandenem Ausleserauschen. Bleibt nur die Suche nach einer Kamera mit genau diesem Chip. Da gibt es nur zwei Hersteller: ZWO mit seiner ASI2600 Serie und QHY mit den 268er Modellen. Beide natürlich in der Mono- und Farbvariante. Standortbedingt habe ich nur sehr selten lange klare Nächte. Damit meine ich mehr als zwei aufeinanderfolgende Nächte mit freiem Himmel. Und somit musste ich meine örtliche Einschränkung sehr stark berücksichtigen. Für Monokameras braucht man schon konstantere Bedingungen, da man mit verschiedenen Filtern lange belichtet. Und bei Farbkameras hat man in der Regel einen UV/IR Cut Filter für normale Aufnahmen, bzw. einen Dualband FIlter für bestimmte Objekte wie Nebel mit Ha und O3 Anteil. Da die QHY den größeren Bildspeicher gegenüber der ZWO hat, fiel meine Wahl auf die QHY268c, also die Farbvariante. Diese kaufte ich bei Astrolumina. Ich kam an meinem Takahashi nicht in den Fokus, da der Flattener einen Backfokus beim TOA130 von 117,5mm braucht und man diesen zwingend genau herstellen muss. Ich schilderte Astrolumina mein Problem. Der Herr ging nicht auf den von Takahashi aufgezeigten Backfokus ein, obwohl ich ihm sogar ein Datenblatt des Flatteners mailte. Er meinte nur, dass man auf Backfokus von 55mm kommen muss, so sei es ja auch in der Anleitung der QHY beschrieben. Diese Aussage erwies sich als erschreckend falsch. Das Astronomie. de Forum half mir hier bei der Lösung – es müssen eben 117,5mm und nix anderes sein. Danke nochmal ans Forum.
Einer der wichtigsten Faktoren bei der Astrofotografie ist es, das Teleskop immer exakt fokussiert zu haben. Das bedeutet, nach einer gewissen Zeit oder einer Anzahl von aufgenommenen Bildern die Session zu unterbrechen, zu fokussieren, und weiterzumachen. Das nervte etwas, und so gönnte ich Galileo und Herschel zwei „Auto-Fokussern“, die per Software (sh. Punkt 4) auf den 1/100mm genau und reproduzierbar fokussieren. Meine Wahl fiel hier auf ZWO mit seinen EAF Modellen. Das ist Zubehör, auf das ich auf keinen Fall mehr verzichten möchte. Es hat sich mehrfach bewährt.
Um den „Image Train“, also den gesamten Komplex von allem, was zwischen Teleskop und Kamera verbaut ist, zu komplettieren, fehlten noch ein Bildfeldrotator und eine Filterschublade. Der Bildfeldrotator dreht die Kamera automatisch auf die in der Software (sh. Punkt 4) definierte Position. Genauer, als man das selber erledigen könnte. Und so fand der PegasusAstro Falcon Rotator zu mir.
Um Filter flexibel tauschen zu können, verbaute ich meine vorhandene (ja, da musste ich mal kein Geld ausgeben) Filterschublade. Je nach Objekt, welches ich fotografieren möchte, kann ich nun schnell zischen einem IR/UV Cut Filter sowie dem berühmten Antlia ALP-T Filter (Antlias Golden) wechseln. Bei den Bildern auf der linken Seite verwendete ich diese beiden Filter.
Zusammenfassend kann ich also sagen, dass die neue Hardware absolut aufeinander abgestimmt ist und (bisher) perfekt harmoniert und funktioniert. Das war wirklich ein Riesensprung in der Entwicklung. Man kann heutzutage das ca 5-fache aus der gleichen Zeit an Bildinformation und -qualität herausholen, im Vergleich zu dem, was ich noch 2012 hatte.
3. Neue Holzverkleidung für die Sternwarte
Seit 2012 wurde das Holz der der Außenverkleidung massiv dem Wetter ausgesetzt, wurde diverse male geschliffen und neu gestrichen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann ich es ersetzen musste. Das war jetzt der Fall. An der einen oder anderen Stelle war es doch schon sehr angegriffen. Da nisteten Ameisenkolonien darunter und eingedrungenes Wasser begann, das Holz zu zersetzen.
Also musste Ersatz her. Doch welcher? Kunststoff kam für mich nicht in Frage. Und Fichtenholz auch nicht, das war mir nicht langlebig genug. So entschied ich mich für Lärchenholz, denn dieser Aufwand sollte sich so schnell nicht wiederholen. Ich wahnsinniger. Ich benötigte 12,5m in der Breite und 2m in der Höhe. IM JAHR 2023! Ich wollte nicht sämtliche Sägewerke dieses Planeten finanzieren, ich wollte nur „a bisserl Holz“. Mhmm. Das Ganze kostete mich über 1.000 Euro. Wurscht, hast dann Deine Ruh. Also machte ich mich daran, die alten Bretter zu entfernen. welche 15cm breit waren. Jedes Brett war mit sechs Schrauben befestigt, über die zwei mal Farbe gestrichen wurde. Versuch mal, so eine Schraube rauszubekommen! Es dauerte insgesamt einen Monat in glühender Hitze, bis ich mit dem Teilprojekt fertig war, aber fix und fertig. Ich musste 800 Schrauben entfernen und durch neue ersetzen, jedes einzelne Brett anpassen, zuschneiden etc. pp.. Oben in diesem Beitrag siehst Du, wie das Ganze knapp zwei Monate nach Fertigstellung aussieht. Wie neu. Ich werde es aber nicht ölen sondern vergrauen lassen. Das ist das natürliche Eigenschutz von Lärchenholz und verleiht dem ganzen bestimmt einen gewissen Charme. So die Vorstellung…
4. Neue Software und neuer Workflow
Nirgendwo hat sich so viel Neues getan wie bei der Bildaufnahme und -bearbeitung von Astrofotos. Das, was man konnte, war veraltet. Das, was man jetzt nutzen konnte, totales Neuland. Über die kostenlose Software N.I.N.A. kann man die ganze Hardware zu einem großen Ganzen verbinden. Also das Teleskop, die Kamera, die Montierung, den Rotator, Autofokus, Guiding Kamera, Guiding Software etc. werden in NINA verbunden. Dann sucht man sich sein Zielobjekt aus, richtet das Objekt optimal aus, wählt die Belichtungsanzahl und -länge, wie oft fokussiert werden soll, wohin die aufgenommenen Bilder abgespeichert werden, und was nach Aufnahmeende mit dem System, also der angeschlossenen Geräte geschehen soll. Dann startet man mit einer Schaltfläche – und das wars. Sensationell. Aber es kann natürlich immer noch einiges schief gehen. Irgendwas ist ja immer. Aber im großen und ganzen ist das schon beeindruckend, wenn man am Morgen sieht, dass das Teleskop geparkt ist, die Kamera wieder erwärmt ist, der Aufnahme PC aus ist und auf dem Netzwerkspeicher jede Menge neue Bilder auf die Bearbeitung warten.
Und dann gehts mit eben diesen Aufnahmen weiter. Wo ich früher zig verschiedenster Programme verwendetet hatte, bleiben heute eigentlich nur noch zwei. PixInsight und Photoshop. Wobei ich bei den beiden hier verlinkten Aufnahmen nicht mal Photoshop verwenden musste. Das war alles in PixInsight. Vor ein paar Jahren noch war das Programm ein Exot. Zu verwirrend, zu technisch, nicht selbsterklärend. Doch es hat sich hier einiges getan, die Community hat hier sagenhafte Erweiterungen gebastelt (Stichwort BlurXterminator, NoiseXterminator und StarXterminator), auf Youtube gibt es viele passende und gut gemachte Erklärvideos – wenngleich auch zumeist in englisch. Bei AstrophotoCologne von Frank, DEM deutschsprachigen Astronomiekanal, bekommt man stets aktuelle Infos und Frank hat auch einige sehr gute Erklärvideos – auch zu PixInsight.
Unterm Strich musste ich hier also fast von neu anfangen und mir viel neues Wissen aneignen. Aber das hält die grauen Zellen fit.
5. Überarbeitung der Homepage
Zu guter Letzt war natürlich auch diese Website dran. Die alte Präsenz was doch schon sehr aus der Zeit gefallen und erfüllte meine Ansprüche nicht mehr. Die neue sollte moderner und frischer daherkommen. Ohne alten Ballast, mit neuem Inhalt, neuer Navigation, neuem Fokus. Und um Gottes Willen ohne Social Media Kram. Außerdem datenschutzrechtlich unbedenklich und benutzerfreundlich.
Da hat sich natürlich auch einiges getan. Ich musste mich auch hier wieder reinfuchsen, um den Überblick über derzeit übliches Webdesign, Tools und dergleichen zu erlernen und einsetzen zu können. Aber natürlich ohne die eigenen Ansprüche an Farben, Design und vor allem Dingen Inhalten außen vor zu lassen. Das hier ist das Ergebnis. Ich hoffe, es gefällt Dir einigermaßen. Also ich bin zufrieden.